ATTAC Gründungsdokument: „Wer wir sind und was wir wollen“

„Neoliberale Globalisierung – viele Verlierer, wenige Gewinner
Das Versprechen, die Globalisierung bringe Wohlstand für alle, hat sich nicht
erfüllt. Im Gegenteil: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer,
sowohl innerhalb der Gesellschaften als auch zwischen Nord und Süd. Motor
dieser Art von Globalisierung sind die internationalen Finanzmärkte. Banker und
Finanzmanager setzen täglich Milliardenbeträge auf den Finanzmärkten um und nehmen über ihre Anlageentscheidungen immer mehr Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung. Damit untergraben die Finanzmärkte die Demokratie.

Welthandel Die Welthandelsordnung wird einseitig von mächtigen Wirtschaftsinteressen dominiert, von großen Banken, Investmentfonds, Transnationalen Konzernen und anderen großen Kapitalbesitzer*innen. Neben dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank wurde vor allem die Welthandelsorganisation (WTO) zum zentralen Machtinstrument zur Durchsetzung von Liberalisierung und Deregulierung von Märkten und zur Privatisierung öffentlicher Güter.

Diese Politik führt zu gesellschaftlicher Spaltung, vermehrter Umweltzerstörung und zum Verlust demokratischer Gestaltungsspielräume.
Freihandelsabkommen

Nach dem Scheitern der WTO 2003 im mexikanischen Cancun lagen die Verhandlungen der WTO auf Eis. Seitdem wurde vor allem mit bilateralen Handelsverträgen versucht, Freihandel für sämtliche Lebensbereiche durchzusetzen.

Attac befasst sich von Beginn an mit der Expansion von Freihandel auf globaler Ebene und mit den verschiedenen Aspekten des Welthandels: von einzelnen Abkommen der Welthandelsorganisation WTO (GATS, TRIPS, Agrarabkommen), über Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und ehemaligen europäischen Kolonien (Economic Partnership Agreements, EPAs) und der EU Außenhandelsstrategie “Global Europe”, bis hin zur Diskussion um eine neue ökologische und solidarische Weltwirtschaftsordnung.
Menschen vor Profite

Attac streitet für eine Welthandelsordnung, die den Interessen der Menschen und ihrer Umwelt Vorrang vor den Verwertungsinteressen der Wirtschaft einräumt. Unser Ziel ist, den Liberalisierungszug aufzuhalten. Denn nur, wenn diese Entwicklung aufgehalten wird, haben wir den Raum, Alternativen zum bestehenden Welthandelssystem zu entwickeln und durchzusetzen.

Immer wieder heißt es, dass der Freihandel allen Beteiligten höheres Wachstum und mehr Wohlstand bringe. Doch seine Dominanz hinterlässt weltweit zerstörerische Spuren, denn soziale Kosten und Umweltkosten wie Kinderarbeit, Gesundheitsgefährdung oder Umweltverschmutzung werden nicht mit eingerechnet.

Zudem schützten gerade die mächtigen Industrieländer entgegen der Freihandelsideologie ihre eigenen Märkte so lange mit Zöllen und Subventionen, bis ärmere und schwächere Staaten, von denen die Öffnung der Märkte verlangt wurde, auf den Weltmärkten niederkonkurriert waren.

Im Dezember 2001 gründete sich die Attac-AG Welthandel und WTO. Sie beschäftigt sich mit unterschiedlichen Aspekten des Welthandels: Während sich die Arbeit zunächst auf die WTO mit ihren einzelnen Abkommen konzentriert hatte – mit dem Ziel der Delegitimierung der WTO – sind zunehmend andere Aspekte des Welthandels in den Vordergrund gerückt. Seit 2014 gehört die Kampagne gegen TTIP, CETA, TiSA & Co zu den Kernpunkten der Kampagnenarbeit bei Attac.

Globalisierung und KAPITALISMUS - was ist das eigentlich? Einletung Bonner Aisstellungskatalog 2020

Wir Kapitalisten (interessanter Artikel aus dem Katalog der Ausstellung in Bonn (2020)

Eine Ausstellung beleuchtet die „DNA des Kapitalismus“
Der Kapitalismus ist weit mehr als nur ein ökonomisches System. Er ist eine Gesellschaftsordnung, die unser Denken, Fühlen und Dasein seit Jahrhunderten prägt. Aus einer kulturhistorischen Perspektive betrachtet die Ausstellung Wir Kapitalisten. Von Anfang bis Turbo die grundlegenden Eigenschaften des Kapitalismus: Rationalisierung, Individualisierung, Akkumulation, Geld und Investitionen sowie typische kapitalistische Dynamiken wie ungebremstes Wachstum und schöpferische Krisen.

Inwieweit ist der Kapitalismus mehr als ein ökonomisches System?
Grundlegende Voraussetzungen für den Kapitalismus wurden schon im Mittelalter gelegt. Unsere Gesellschaft entwickelt sich also seit Jahrhunderten im Zusammenspiel mit kapitalistischen Motiven. Es konnte nicht ausbleiben, dass diese Entwicklung Auswirkungen auf unser gesamtes Dasein, Denken und Fühlen hatte. Insofern ist der Kapitalismus weit mehr als nur auf die Wirtschaft beschränkt. Davon abgesehen ist die Ökonomie natürlich ein absolut zentraler Teil menschlichen Lebens. Der Begriff kommt vom griechischen oikos, „Haus(halt)“, und bezeichnet ursprünglich, wie wir „unser Haus bestellen“, also: wie wir unser Leben organisieren.
„Kapitalistische Prinzipien sind Teil unserer Alltagserfahrungen.“
Was ist gemeint, wenn von der „DNA des Kapitalismus“ die Rede ist?
Wir haben versucht, die Ausstellung anhand der wichtigsten Grundmerkmale des Kapitalismus zu gliedern. Dazu zählen z. B. Vorstellungen und Ideen wie der Rationalismus, Individualismus, die Akkumulation oder der Wachstumszwang des kapitalistischen Systems. Diese Begriffe hören sich sehr abstrakt an, aber wir nutzen die Ausstellung, um sie durch Exponate anschaulich werden zu lassen. Tatsächlich lassen sich diese Grundprinzipien in sehr vielen unserer Alltagserfahrungen erleben.
Womit wird sich die Ausstellung befassen und wie positioniert sie sich?
Was wir uns erhoffen ist, dass die Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung gut nachvollziehen können, was den Kapitalismus ausmacht, und wie sehr wir selbst Teil des Systems sind. Mir ist es wichtig, die Wirkungsweisen relativ neutral zu beschreiben. Ich finde es wenig hilfreich, sich dem allgemeinen Lamento über den Kapitalismus anzuschließen, ohne zu sehen, dass das kapitalistische System vielen Menschen – uns hier in Deutschland beispielsweise – sehr viele Verbesserungen gebracht hat, auch über unseren großen materiellen Reichtum hinaus. Dinge wie eine fabelhafte Gesundheitsversorgung, Alterssicherung, etc. Ich spreche hier allerdings nicht von den Extremen eines Turbo- oder gar Raubkapitalismus. Wie immer gibt es zwei Seiten. Wo Vorteile sind, sind auch Nachteile wie Vereinsamung, Umweltzerstörung, usw. Wir geben eine Diskussionsgrundlage und Reflexionsmöglichkeit, mit Hilfe derer sich Besucherinnen und Besucher ihr eigenes Bild und ihre eigene Einschätzung formen können.